Wohnen mit Arbeitslosengeld – trotz ALG I oder ALG II eine eigene Wohnung finanzieren

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Autor: Christoph Wiemer
Position: Inhaber

Jeder Bundesbürger hat ein Recht auf Wohnen. Was einfach klingt, kann sich aber durchaus als schwierig erweisen. Wer beispielsweise Arbeitslosengeld I oder sogar Hartz-IV beantragen muss, der hat keine großen finanziellen Mittel, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Trotzdem ist es generell möglich, mit ALG I Miete zu zahlen oder mit ALG II eine Wohnung zu unterhalten. Die Hürden sind allerdings von Seiten der Ämter hoch, vor allem dann, wenn du noch zu Hause wohnst und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hast.

Arbeitslosengeld 1 

Arbeitslosengeld I (ALG I) ist im Gegensatz zu ALG II (meist als Hartz-IV bezeichnet) keine Sozialleistung. Es ist vielmehr ein Anspruch, den du aufgrund von geleisteten Sozialversicherungsbeiträgen hast. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist aber, dass du in den letzten 2 Jahren bereits 360 Tage beitragspflichtig gearbeitet hast. Für arbeitssuchende, Beamte oder Freiberufler gilt dies beispielsweise nicht. Die Höhe des ALG I richtet sich unter anderem nach der Höhe des sozialversicherungspflichtigen Einkommens, das du zuletzt bis zum Anspruch an ALG I durchschnittlich verdient hast (hier zählen auch Wehr- und Zivildienst). Auch die Dauer des zuletzt versicherungspflichtigen Verhältnisses ist wichtig. Zudem haben die Lohnsteuerklasse sowie die Anzahl eventuell vorhandener Kinder Einfluss auf die Höhe des ALG I.

Arbeitslos und eigene Wohnung mit ALG 1

Solange du ALG I beziehst, kannst du ohne Mitwirkung und Kürzung von Bezügen seitens der Bundesagentur für Arbeit (Arge) in deine eigene kleine Wohnung ziehen. Sollte das Arbeitslosengeld I dafür nicht ausreichen, kannst du zusätzlich Wohngeld beantragen.  Das ALG I wird dadurch nicht beeinflusst. Beim ALG II ist dies anders.

Arbeitslosengeld 2

Unter Arbeitslosengeld II bzw. Hartz-IV versteht man die Zusammenlegung zwei verschiedener Sozialleistungen, der Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe. Arbeitslosengeld II dient der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Für den Bezug von Hartz IV gibt es einige wichtige Grundlagen. Wer ist beispielsweise leistungsberechtigt? Dazu gehören alle Personen, die:

  • $das 15. Lebensjahr vollendet haben
  • $erwerbsfähig und
  • $hilfebedürftig sind
  • $mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, etwa ihre Kinder

Als erwerbsfähig gilt, wer nicht aufgrund von Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hilfebedürftig bist du, wenn du deinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kannst und keine anderen Sozialleistungen erhältst. Hilfebedürftig kannst du auch sein, wenn dein Erwerbseinkommen zu gering ist und mittels ALG II aufgestockt wird.

Mietzuschuss Ausbildung – ALG 2 für Schüler, Auszubildende und Studenten

ALG II gibt es hier nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn du keinen vorrangigen Anspruch auf Elternunterhalt, BAföG (schulische Ausbildung/Studium), BAB (duale Ausbildung) oder Wohngeld hast. Die Arge verlangt eine schriftliche Bestätigung der Ablehnung.

Grundsätzlich erhältst du ALG II wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • $ein von dir bezogener Zuschuss reicht nicht aus (dann gibt es u. U. eine Aufstockung zur Miete und Heizkosten)
  • $deine Eltern sind Geringverdiener oder beziehen ALG II (Bewilligung ist meist kein Problem)
  • $es liegt ein Härtefall vor (dann ist ALG I in Form eines Darlehens möglich)
  • $du darfst nicht über dem für dich geltenden Bedarfssatz liegen
  • $du musst das Studium oder die Schule aufgrund von Krankheit, Schwangerschaft oder Kindererziehung unterbrechen

Bei einer Übergangszeit von mehr als 4 Monaten zwischen zwei Ausbildungen musst du dich arbeitssuchend melden, auch wenn bereits ein Ausbildungsplatz in Sicht ist. Bist du unter 25 Jahre alt, müssen deine Eltern den Antrag auf ALG II stellen, weil du zu ihrer Bedarfsgemeinschaft zählst. Wird der Antrag bewilligt, erhalten sie deine Bezüge. Mit abgeschlossener Berufsausbildung kannst du unabhängig vom Einkommen der Eltern ALG II beantragen.

 

Wichtig: Zu einer Bedarfsgemeinschaft zählen die im Haushalt lebenden Eltern, erwerbsfähige hilfebedürftige Personen, Partner (Ehegatten, Partner in eheähnlicher Gemeinschaft), Alleinerziehende von Minderjährigen sowie minderjährige Kinder, die im Haushalt des Betroffenen selbst oder des Partners leben. Reicht ihr eigenes Einkommen zur Sicherung des persönlichen Lebensunterhalts, zählen sie nicht zur Bedarfsgemeinschaft.

Problem: Schüler und Studenten gelten als verfügbare Arbeitskraft

Um ALG II zu bekommen, musst du jederzeit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und jede zumutbare Arbeit (z. B. 1-Euro-Jobs) annehmen. Als Schüler, Auszubildender und Student ist dies natürlich kaum realisierbar. Jedoch bist du dem Grunde nach erwerbsfähig, wodurch dein Antrag trotzdem bewilligt werden kann. Wichtig ist auch, dass beim ALG II das Einkommen deines mit dir zusammenwohnende, nicht ehelichen Partners in die Bedürftigkeitsprüfung mit einfließt. Als Einkommen im Sinne des ALG II gelten alle staatlichen Zuschüsse und sämtliches Einkommen (auch aus Wehrdienst und Zivildienst).

Regelbedarf für ALG 2

Die Höhe des ALG II richtet sich immer nach der jeweiligen Situation und der Bedürftigkeit des Antragsstellers.

 

Leistungsberechtigte Personen

Regelbedarf

erwachsene alleinstehende Person

446 €

erwachsene alleinerziehende Person

446 €

erwachsene Person mit
minderjährigem Partner

424 €

alleinstehende Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres oder

erwachsene Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die ohne Zusicherung des kommunalen Trägers umgezogen sind

357 €

erwachsene Partner einer Ehe, Lebenspartnerschaft, oder eheähnlichen Gemeinschaft

401 €

Kind bis zum 5. Lebensjahr

283 €

Kind vom 6. bis zum 13. Lebensjahr

309 €

Kind vom 14. bis zum 17. Lebensjahr

373 €

Angemessene Mietkosten und Größe für eine Wohnung

Um hinsichtlich der Leistungshöhe niemanden zu bevorteilen, hält sich die Arge an festgelegte Rahmenbedingungen bezüglich der angemessenen Mietkosten und der entsprechenden Größe der Wohnung. Oft wird ein Mietpreis als angemessen angesehen, der im unteren Bereich der ortsüblichen Mieten liegt. Die Größe der Wohnung spielt hier nicht eine so große Rolle, wichtiger ist die Angemessenheit der Mietkosten.

Regelwerte für die Größe nach Personenanzahl:

  • $eine Person: 45 m²
  • $zwei Personen: 60 m²

Nebenkosten und Heizung

Neben dem Regelbedarf werden normalerweise auch die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung gezahlt, wenn sie angemessen sind. Zu den Aufwendungen für die Unterkunft zählen neben der Kaltmiete auch die angemessenen Nebenkosten. Welche Nebenkosten angemessen sind, bemisst sich nach den jeweiligen Verwaltungsvorschriften der Kommune des Leistungsempfängers. Heizkosten sind in tatsächlicher Höhe zu übernehmen, soweit sie nicht aufgrund unwirtschaftlichen Verhaltens unangemessen hoch sind.

Heiz- und Nebenkosten-Regelungen für eine eigene Wohnung

Um einen Anspruch auf Kostenübernahme zu haben, musst du unter 25 Jahre alt sein. Hier ist allerdings zu beachten, dass ALG-II-Empfänger, die das 25. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, prinzipiell kein Anspruch auf Kostenübernahme für eine eigene Wohnung besteht. Allerdings gibt es auch Ausnahmen:

  • $Triftige soziale Gründe, meist aufgrund schwerwiegender familiärer Probleme
  • $Umzug bzw. Auszug aus beruflichen Gründen
  • $Rauswurf aus dem Elternhaus wäre solch ein gravierender Grund, solange du bereits 18 Jahre bist

Auch wenn dir in diesem Fall die vollen Bezüge zustehen, wird vorher, je nach beruflicher Situation, die Unterhaltsfähigkeit deiner Eltern überprüft. Verdienen sie zu viel, müssten sie dich weiter unterhalten, dir würde aber ggf. die Erstausstattung zustehen. 

Ziehst du ohne einen Grund aus, wirst du vermutlich keine Bezüge erhalten. Unter 25-Jährige, die ohne Zusicherung des Leistungsträgers ausziehen, erhalten nur 80 % des Regelbedarfs und haben normalerweise keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Miete und Heizung. Auch die Erstausstattung wird in diesem Fall nicht bezahlt. Dann wird es quasi unmöglich, eine Wohnung zu bezahlen. 

Spätestens mit dem Erreichen des 25. Lebensjahres hast du ein Recht auf eine eigene Wohnung. Ab diesem Zeitpunkt erlischt die Unterhaltspflicht der Eltern und du zählst nicht mehr zur ursprünglichen Bedarfsgemeinschaft. Tritt dieser Fall ein, gelten für dich die normalen Rahmenbedingungen und Bedarfssätze, die monatlich gezahlt werden, also Regelbedarf (siehe Tabelle) + Kaltmiete + Nebenkosten (auch Heizung).

Fazit

Vor dem Erreichen des 25. Lebensjahres eine Wohnung mit Hilfe von ALG I und Arbeitslosengeld II (Hartz IV) zu finanzieren, ist schwierig. Auch die Genehmigung der Arge die Erlaubnis zu bekommen, ist nicht ganz einfach. Dies ist nur bei Härtefällen wie einem Rauswurf möglich. Bist du hingegen bereits 25 Jahre oder älter bzw. hast schon eine abgeschlossene Berufsausbildung, bekommst du, auch bei einem Rauswurf die vollen Bezüge, unabhängig vom Einkommen deiner Eltern. TIPP: sozialhilfe24.de/hartz-iv-4-alg-ii-2/alg2-rechner.html